Geschichte

Als unser Wasser laufen lernte

Von Hermann-Josef Nathaus, Josef Lothmann und Karl Heinz Wamig

Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel und für die Bewohner unserer Dörfer ist es selbstverständlich, dass Wasser in biologisch einwandfreiem Zustand und in beliebiger Menge sofort zur Verfügung steht, wenn man nur den Wasserhahn in Küche oder Bad öffnet.
Aber das war nicht immer so!

Bis in das 19. Jahrhundert versorgten sich die Menschen mit dem Wasser, das sie täglich brauchten, aus dem nächstgelegenen Brunnen oder aus Flüssen, Bächen und Seen. Brunnen sind die ältesten Bauten des Menschen zur Gewinnung von Brauch– und Trinkwasser und seit 350.000 Jahren bekannt. Sie entstanden fast zeitgleich mit der Entwicklung der Sesshaftigkeit der Menschen. Die ersten Brunnen waren zunächst Grundwasserbrunnen, die als Zieh-, Schöpf– oder Laufbrunnen angelegt waren. Sie bildeten über Jahrtausende hinweg bis in das 15. Jahrhundert hinein, die Grundlage der Wasserversorgung mittelalterlicher Siedlungen und Städte. In den Städten Deutschlands kam auf etwa 300 Einwohner ein Brunnen, der größtenteils im privatem Besitz war. Bevölkerungszuwachs und zunehmender Neubau von Manufakturen ab dem 15. Jahrhundert machten es notwendig, diese einfachen Brunnen durch Brunnen mit Saug- und Druckpumpen zu ersetzen, die es ermöglichten, den Wasserspiegel beliebig hoch zu heben.

Als eine der ersten großen Städte stellte Frankfurt Ende des 17. Jahrhunderts seine Ziehbrunnen auf Pumpbrunnen um. Das erste Wasserwerk Deutschlands mit einem angeschlossenen Leitungsnetz entstand in Hamburg im Jahre 1849. Um die gleiche Zeit wurde in den wachsenden Städten die Wasserversorgung durch Hausbrunnen auf Rohrnetze umgestellt, die Frischwasser in jede Wohnung leiteten. Damit der Wasserdruck auch in den obersten Wohnungen der Häuser noch ausreichend war, musste das Wasser noch höher als die obersten Wohnungen gespeichert werden. Es entstanden deshalb in Deutschland in großer Zahl Wassertürme. Im Dürener Stadtgebiet wurde nach der 1881 veröffentlichten Untersuchung von 118 Brunnen durch den Dürener Apotheker Dr. Nikolaus Caspary mit dem Bau eines Wasserwerks und eines Wasserturms an der Jahnstraße begonnen. Caspary hatte festgestellt, dass die meisten Brunnen stark verseucht und das Wasser gesundheitsgefährdend war. In einem Falle hatte er sogar das im Brunnen gesammelte Wasser als „filtrierte Jauche“ bezeichnet. Das Dürener Wasserwerk wurde am 25.7.1885 mit einer angeschlossenen Wasserleitung in Betrieb genommen. Der Wasserturm an der Jahnstraße wurde im Jahre 1909 durch einen neuen Wasserturm auf dem Kölnplatz ersetzt. Es ist sehr bemerkenswert, dass die in Düren im Jahre 1881 getroffenen Feststellungen über verseuchte Brunnen und die damit verbundenen gesundheitlichen Gefahren eine kaum erkennbare Rolle gespielt haben, bei der Entscheidung, auch in den Dörfern der Herrschaft eine zentrale und hygienisch einwandfreie Wasserversorgung einzurichten. In den Dörfern Schlich, D’horn, Konzendorf, Geich und Obergeich waren um 1910 insgesamt 11 öffentliche Gemeindebrunnen und 56 Privatbrunnen zur Versorgung mit Trink– und Brauchwasser installiert. Über die Qualität des Wassers dieser Brunnen liegen keine Erkenntnisse vor, und es ist kaum anzunehmen, dass sie den hygienischen Ansprüchen immer genügten. Die Entfernung von den Höfen und Wohnhäusern zu den Brunnen, die mit handbetriebenen Saugpumpen ausgestattet waren, betrug bisweilen mehrere hundert Meter. Der Weg dorthin war, vor allem im Winter, mühsam. In unmittelbarer Nähe der Brunnen lagen häufig Dungflächen, und es ist nicht erkennbar, ob den Dorfbewohnern die Gefährlichkeit dieser Situation bewusst war. Noch weniger ist erkennbar, ob diese Situation den Wunsch oder gar die Forderung nach der Einrichtung einer geordneten, zentralen Wasserversorgung aufkommen ließ.

Den Anstoß zu einer geordneten zentralen Wasserversorgung gab schließlich die ab etwa 1910 im Raum Derichsweiler-Konzendorf-Echtz einsetzende Tätigkeit der Braunkohlen-industrie. Durch die mit der Einrichtung der Tagebaue verbundene Absenkung des Grundwasserspiegels sank auch der Wasserspiegel in den dörflichen Brunnen. Teilweise versiegten die Brunnen sogar vollständig. Es ist nur zu verständlich, dass die Bürger Klagen bei Gericht gegen die Betreiber der Braunkohlentagebaue einlegten. Bis Januar 1929 waren 56 Privatklagen von Bürgern der Bürgermeisterei Echtz gegen die Bergbaubetreiber wegen Wasserentziehung anhängig. Um den Rechtsstreit beizulegen wurde am 6. Januar 1929 zwischen den Bergbaubetreibern und den betroffenen Bürgern eine gerichtliche Einigung herbeigeführt. Hierbei wurden die Bürger vertreten durch Herrn Bürgermeister Bernhard Joussen in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Bürgermeisterei Echtz, durch Herrn Hermann Kaiser aus Schlich in seiner Eigenschaft als Gemeindevorsteher der Gemeinde Schlich, durch Herr Johann Schmitz aus Geich in seiner Eigenschaft als Gemeindevorsteher der Gemeinde Geich – Obergeich und durch Herrn Johann Kayser aus Echtz in seiner Eigenschaft als Gemeindevorsteher der Gemeinde Echtz. Die streitenden Parteien einigten sich darauf, dass eine Wasserleitung zur Versorgung der Einwohnerschaft der Ortschaften D’horn, Schlich, Konzendorf, Geich und Obergeich gebaut werden sollte.
Diese Leitung sollte auf Kosten des Bergbautreibenden durch das Wasserwerk des Land-kreises Aachen gebaut und an das Wasserleitungsnetz des 1911 gegründeten Wasserleitungszweckverbandes der Gemeinde angeschlossen werden.

An öffentlichen Zapfstellen wurden vorgesehen:
a) eine in Obergeich, an der Stelle des Gemeindebrunnens,
b) zwei in Geich, und zwar an der Stelle des Schulbrunnens und am Gemeindebrunnen in der Ortsmitte
c) eine in Konzendorf,
d) zwei in D’horn, an der Stelle des Schulbrunnens und des Tiefbrunnens,
e) fünf in Schlich, und zwar an Stelle der vorhandenen Gemeindebrunnen.

Seit dieser Zeit sind die Ortschaften Schlich und D’horn Mitglied des 1911 gegründeten Wasserleitungszweckverbandes der Gemeinde Langerwehe, dem zu diesem Zeitpunkt bereits die Gemeinden Lucherberg, Luchem, Jüngersdorf-Stütgerloch, Geich-Obergeich, Echtz-Konzendorf und die Ortschaft Langerwehe angehörten. Im Jahre 1964 kamen die Ortschaften Wenau, Heistern, Hamich und Schönthal hinzu. Unter der Regie des Wasser-leitungszweckverbandes Langerwehe wurde in den folgenden Jahren das Netz weiter ausgebaut und Hausanschlüsse mit Wassermesseinrichtungen (Wasseruhren) eingerichtet. Dass die beschlossenen Maßnahmen nicht immer problemlos durchgeführt werden konnten, soll am Beispiel Merode gezeigt werden.
Die Bevölkerung der Ortschaft Merode bezog seit jeher ihr Wasser aus eigenen Haus-brunnen oder aus dem nahe gelegenen Bach. Sowohl das Brunnenwasser als auch das Bachwasser waren in hygienischer Hinsicht keineswegs einwandfrei und entsprachen nicht den Anforderungen als Trinkwasser. Im Oktober 1930 beantragte die Gemeinde Merode deshalb beim damaligen Regierungspräsidium eine zentrale Wasserversorgung. Die Wasserleitung des Ortes wurde schließlich im Jahre 1935 als „Notstandsarbeit“ im Rahmen des damaligen Arbeitsbeschaffungsprogramms mit erheblichen Staatszuschüssen erbaut. Die gesamte Leitungslänge betrug etwa 2.100 Meter. Die Anlage erhielt ihr Wasser aus zwei oberhalb der Ortschaft Merode im Wald gelegenen Brunnen. Das Wasser wurde von den Brunnen mit natürlichem Gefälle in den nahe gelegenen Hochbehälter geleitet, der ein Fassungsvermögen von 100 m3 aufwies. Die zwei Brunnen lieferten rund 72 m3 pro Tag. Dieses Wasserwerk wird im Volksmund „Hellije Buê“ genannt, ist aber heute außer Betrieb. Nach Fertigstellung der Anlage erließ der Meroder Bürgermeister Meisenberg am 4. Oktober 1935 eine Gebührenordnung für die Benutzung der Wasserleitung. Diese bestimmt, dass ein Pauschalsatz für jedes angeschlossene Haus und, in Ermanglung von Wasseruhren, ein Zuschlag hierzu zu zahlen sei. Der Pauschalsatz betrug je Jahr zwischen 6,00 RM bis 12,00 RM. Er richtete sich nach dem Gebäudesteuersatz der Gebäudesteuerordnung von 1861. Der Zuschlag zum jährlich zu zahlenden Pauschalsatz ist aus dem auf der rechten Seite wiedergegebenen Auszug aus der Gebührenordnung ersichtlich.

Auszug aus der Gebührenordnung der Gemeinde Merode vom 4. Oktober 1935

Als Zuschlag zu dem Gebührensatz werden pro Jahr erhoben:
a) für jede über 14 Jahre alte Person: 1,00 RM
b) für einen Springbrunnen: 30,00 RM
c) für eine Badeeinrichtung zur Benutzung Dritter gegen Barzahlung: 30,00 RM
d) für eine Handlung mit Großvieh: 10,00 RM
e) für eine kleine Metzgerei: 10,00 RM
f) für eine große Metzgerei: 15,00 RM
g) für eine Bäckerei: 5,00 RM
h) für eine Wirtschaft ohne Tanzsaal: 5,00 RM
i) für eine Wirtschaft mit Tanzsaal: 10,00 RM
k) für ein Pferd und über ein Jahr alte Fohlen: 2,00 RM
l) für einen Stier, einen Ochsen eine Kuh, oder über ein Jahr altes Rind 2,00 RM
m) für einen Pulsometer (Kellerpumpe) 2,50 RM
n) für eine Schlauchleitungsanlage: 5,00 RM

(Die Schlauchleitungsanlagen müssen in der trockenen Jahreszeit auf Verlangen der Gemeinde außer Betrieb gehalten werden). Es ist kaum zu glauben: Das Angebot einer öffentlichen Trinkwasser-Versorgung mit hygienisch einwandfreiem Wasser und zu erschwinglichen Preisen weckte vor 75 Jahren bei einigen Meroder Bürgern nur mäßige Begeisterung. Als Beispiel hierfür mag der nachfolgend auszugsweise wiedergegebene Schriftwechsel dienen.

Am 6. November 1935 schreibt eine Meroder Bürgerin an das Bürgermeisteramt folgenden Brief:

Dem Bürgermeisteramt zur Mitteilung, das ich die Wasserleitung nur in der Wohnung des Mieters angelegt habe selber in meinen Räumen keine Anlage besitze. Weshalb ich bitte auch vom Wassergeld absehen zu wollen.

Im Auftrag meines Vaters

Der Amtsbürgermeister schrieb umgehend zurück:

Echtz, den 10.11.1935

Auf Ihren Antrag vom 6. ds. Mts. wird Ihnen folgender Bescheid erteilt:

Nach §1 des Wassergeldtarifs der Gemeinde Merode haben die Eigentümer der an die Wasserleitung angeschlossenen Grundstücke eine Wassergebühr zu entrichten, die nach einem Pauschalsatz erhoben wird, der sich nach einem von der Gemeinde für jedes Haus festzusetzenden Grundbetrage richtet. Die Tatsache, daß nur in der Wohnung des Mieters die Wasserleitung angelegt wurde, ist für die Pflicht zur Zahlung des Wassergeldes für das Gebäude ohne Belang. Durch den Anschluß des Grundstückes an die Wasserleitung wird das Wassergeld fällig.

Schließlich trat auch die Gemeinde Merode im Jahre 1966 dem Wasserleitungszweckver-band der Gemeinde Langerwehe bei. Der altehrwürdige und von der Meroder Bevölkerung so geliebte „Hellije Buê“ wurde in den Ruhestand versetzt. Die jährlichen „Zuschläge“ zum Gebührensatz aus der Gebührenordnung von 1935 sind vergessen und durch die Abrechnung mit Wasseruhren ersetzt worden.

Heute wird das Wasser an die Mitglieder des Zweckverbandes aus der Wassergewinnungsanlage im Bereich der Ortschaft Wenau geliefert. Dort befindet sich eine Pumpstation mit drei Tiefenbrunnen, die bis zu einer Tiefe von fast 50 Meter reichen. Das Wasser aus diesen drei Brunnen wird über die Pumpstation in die nahegelegenen Hochbehälter Schönthal und Hülsenberg gepumpt, aus denen es über das Verteilungsnetz mit natürlichem Druck an die Wohnungsanschlüsse gelangt.

Im Jahre 2010 wurden aus dieser Anlage 17.600 Einwohner mit einer Gesamtmenge von 762.000 m3 Wasser versorgt. Diese Leistungen konnten jedoch nur erbracht werden, wenn die Infrastruktur des Wasserleitungszweckverbandes, die noch aus „Großvaters Zeiten“ stammte, den neuen Anforderungen hinsichtlich Wasserqualität und Hygiene angepasst wurde. Die alte Werkstatt in der Hausbuschgasse, die mit dem angrenzenden Turm ursprünglich als Feuerwache für Langerwehe gedient hatte und lediglich aus zwei Garagen bestand, hatte nun ausgedient. Das alte Materiallager, das sich auf dem Hinterhof eines landwirtschaftlichen Betriebes in Schlich in der Eifelstraße befand, entsprach in keinster Weise den Vorschriften zur Lagerung von Rohrleitungen und Armaturen für die Trinkwasserversorgung. Durch den immer größeren Arbeitsaufwand in der Verwaltung und der Dokumentation des Wasserleitungsnetzes war der Neubau des Verwaltungsgebäudes nötig geworden. Die beiden Büros im Rathaus Langerwehe, die bisher für die Verwaltung des Zweckverbandes gedient hatten, reichten nicht mehr aus, um einen ordnungsgemäßen Ablauf zu gewährleisten. Erst das 2003 neu errichtete Verwaltungsgebäude in unmittelbarer
Nachbarschaft der bereits im Jahre 1986 im Gewerbegebiet Jüngersdorf errichteten Werkstatthalle brachte die gewünschte Nähe zwischen Technik und Verwaltung und damit Vorteile sowohl für eine schnellere Abwicklung der betrieblichen Prozesse als auch für eine kundenfreundliche Betreuung der Bürger.

Seit 2011 produziert eine Solartherme mit einer elektrischen Leistung von 29,9 KWp (KiloWattPeak) eigenen Strom und übernimmt dadurch einen Großteil der anfallenden Energiekosten des Werkstatt- und Verwaltungsgebäudes.
Aus Gründen der Versorgungssicherheit und Verbesserung der Trinkwasserqualität hat die Verbandsversammlung des Zweckverbandes ein Sanierungsprogramm im Bereich des Rohrnetzes beschlossen. In den letzten vier Jahren sind bereits 10 km Rohrleitung im Verbandsgebiet erneuert werden. Die Erneuerung von 26 km Gussrohrleitungen steht bevor.

12007872.545
22008850.003
32009861.116
42010890.540
52011841.860
62012854.630
72013864.360
82014896.620
920151.233.220
1020161.142.370
12007755.417
22008715.653
32009740.919
42010745.230
52011741.966
62012733.770
72013742.147
82014758.429
92015860.792
102016892.233
1200717.025
2200817.700
3200917.641
4201017.601
5201117.447
6201217.547
7201317.458
8201420.310
9201520.674
10201620.781
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